Die US-Republikaner im Repräsentantenhaus haben eine formelle Untersuchung gegen den ehemaligen SEC-Vorsitzenden Gary Gensler eingeleitet. Hintergrund ist der Verlust dienstlicher Textnachrichten aus dem Zeitraum zwischen Oktober 2022 und September 2023. In dieser Zeit ging die US-Börsenaufsicht unter Genslers Leitung verstärkt gegen Krypto-Unternehmen vor.
Laut einem Bericht des Office of Inspector General (OIG) wurden die Nachrichten infolge technischer Mängel in der IT-Infrastruktur der SEC gelöscht. Kritisch wird dabei gewertet, dass Genslers Gerät weiterhin genutzt wurde, obwohl es nicht mehr mit dem zentralen Verwaltungssystem synchronisiert war. Warnmeldungen der SEC-IT wurden über Wochen ignoriert.
Brisant ist der Vorfall deshalb, weil Gensler selbst im Jahr 2023 über 400 Millionen US-Dollar an Bußgeldern wegen mangelhafter Aufzeichnungsführung gegen Finanzinstitute verhängt hatte. Nun wird ihm von republikanischen Abgeordneten Doppelmoral vorgeworfen.
SEC-Chef Paul Atkins wurde bereits in einem Brief dazu aufgefordert, volle Transparenz herzustellen. Darin heißt es, die Behörde habe Regeln von außen mit Härte durchgesetzt, aber intern versagt. Auch eine gerichtliche Vorladung für den 8. Oktober wurde bereits erlassen, um die Vorfälle rund um Genslers Kommunikation aufzuklären.
Wichtige Krypto-Kommunikation betroffen
Einer der Vorwürfe lautet, dass unter den gelöschten Nachrichten auch inhaltlich relevante Konversationen waren, so etwa mit anderen Kommissaren oder leitenden Beamten. Der Verdacht steht im Raum, dass die SEC unter Gensler ihre Entscheidungsfindung nicht transparent dokumentierte. Die Wiederherstellung der Daten gilt als unmöglich, da das Gerät im September 2023 einem vollständigen Werksreset unterzogen wurde. Backups existierten laut OIG seit Oktober 2022 keine mehr.
Coinbase-Justiziar Paul Grewal sprach in einem Statement von einem „beunruhigenden Präzedenzfall“. Die Anwaltskanzlei des Unternehmens hat bereits rechtliche Schritte eingeleitet, um mögliche Verstöße gegen das Informationsfreiheitsgesetz zu untersuchen.
Dass Gensler bereits früher, während seiner Amtszeit bei der Commodity Futures Trading Commission, wegen der Nutzung privater E-Mail-Adressen kritisiert wurde, verschärft die Lage zusätzlich.
Technisches Versagen mit politischen Folgen
Wie der OIG-Bericht weiter ausführt, wurde das SEC-Diensthandy von Gary Gensler durch eine fehlerhafte IT-Richtlinie automatisch gelöscht. Hinzu kamen eine mangelhafte Verwaltung von Systemänderungen, ein fehlendes Backup-System und unzureichende Kommunikation zwischen den Abteilungen. Auch externe Softwarefehler sollen eine Rolle gespielt haben. Trotz mehrfacher Systemwarnungen reagierte die IT demnach über zwei Monate hinweg nicht.
Die Ermittler stellten zudem fest, dass Gensler entgegen der offiziellen Darstellung nicht nur organisatorische, sondern auch anderweitig relevante Nachrichten verschickte. Diese betrafen unter anderem:
- Absprachen mit SEC-Kommissaren über laufende Krypto-Verfahren
- Koordination interner Strategien im Umgang mit großen Plattformen
- Einschätzungen zur rechtlichen Bewertung digitaler Vermögenswerte
Neue Führung, neue Krypto-Strategie?
Genslers Nachfolger Paul Atkins signalisiert derweil eine strategische Neuausrichtung in der Krypto-Regulierung. Während Gensler für seinen konfrontativen Kurs bekannt war und vielfach wegen sogenannter „Regulierung durch Klage“ kritisiert wurde, verfolgt Atkins laut Beobachtern einen konstruktiveren Ansatz. So wurde etwa kürzlich die generische Listung von Krypto-ETFs an den Börsen Nasdaq, NYSE Arca und Cboe BZX genehmigt.
Weitere Lockerungen:
- Die SEC erlaubt Beratern, staatliche Treuhandfirmen für Krypto-Verwahrung zu nutzen
- Ein No-Action Letter schützt Projekte mit Utility-Token-Modellen vor Sanktionen
- Die ETF-Zulassung wurde vereinfacht, was institutionelle Zugänge fördert
Die unter Gensler oft beklagte Rechtsunsicherheit scheint sich damit allmählich aufzulösen. Viele Marktteilnehmer hoffen jetzt auf eine Ära klarer, innovationsfreundlicher Regeln für vielversprechende Kryptowährungen .
